21.11. Xintiandi, FuxingPark, Jingan Tempel, Jade Buddha Tempel, Bund by Night
22.11. Shanghai Museum, Peoples Square, Ocean Aquarium
23.11. Pudong, New Age, Science and Technology Museum
21.11. – Siebter Tag
Heute habe ich mir eine große Tour vorgenommen: Zu Fuß durch das französische Viertel. Ich starte (fast schon Gewohnheit) am People’s Square und bewege mich nach Südwesten durch Xintiandi, die neu im alten Stil gebaute Partymeile. Im nahegelegenen Park steht ein alter Mann und malt mit Wasser phantastische Bilder auf die Pflastersteine, während der Parkwächter interessiert zuschaut. Ein paar Meter weiter springen zwei ältere Damen – sie mögen so sechzig oder siebzig sein – mit Springseilen durch den Park … faszinierend. Ich laufe weiter Richtung Fuxing Park, und der ist nun wirklich sehenswert. Hier treffen sich an einem Tag wie heute – Montag so gegen 12:00 – Hunderte von Rentnern, um gemeinsamen Freizeitaktivitäten nachzugehen. Hier wird vor der Marx-und-Engels-Statute Tai Chi praktiziert, im Parkteich geangelt (kein Witz!) oder der Bariton trainiert. Die meist älteren Damen und Herren bauen Autobatterien, Autoradios und Boxen auf, spielen (völlig übersteuert) Walzer oder Tango und tanzen sich die Seele aus dem Leib. Andere spielen mir ihren Enkeln, und ein paar Meter weiter steht eine Tafel mit Noten und Liedtexten, jemand dirigiert und ca. 20 Personen singen spontan und gemeinsam dazu.Nach dieser eindrucksvollen Erfahrung marschiere ich weiter durch das Künstler bzw. Literatenviertel, durch die bereits bekannte Maoming Lu und den XiangYang Park, der direkt an den Fake-Market grenzt. Auf dem Weg zur Yan’an Zhonglu, der Hochstraße, die ganz Shanghai von Ost nach West durzieht, passiere ich die Moller-Residenz, ein Bau an dem mir spontan Harry Potter in den Kopf kommt. Eine absolut phantastische alte Villa mit Dutzenden von Türmchen und verwinkelten Erkern, in der heute ein Hotel/Restaurant beheimatet ist.
Weiter geht es entlang der Yan’an Zhonglu vorbei am Shanghai Exhibition Center und dem chinesischen Kinderpalast zum Jing’An Tempel. Hier tritt einmal mehr die Diskrepanz zwischen Tradition und Moderne zutage, wenn man quer über den historischen Tempelhof auf die gigantische Shopping-Mall mit den fussballfeldgroßen Werbeplakaten dahinter blickt. Auch die aktuell stattfindenden Renovierungsarbeiten unter Zuhilfenahme von einer Menge Beton und das permanente Kreischen von Elektrowerkzeugen wollen nicht so recht zum klassischen Tempelambiente passen. Sehenswert auch der angrenzende gleichnamige Park, mit einem kleinen chinesischen Garten und einem sehr charmanten Teehaus, in dem sich – mal wieder – nur Chinesen aufzuhalten scheinen. Da mir noch ein bisschen Zeit bleibt, nehme ich noch den nahegelegenen Jade-Buddha-Tempel mit in meine Tour auf. Dieser besticht – ausser dem Jade-Buddha, den ich persönlich als gar nicht so spektakulär empfunden habe – durch jede Menge wunderschöner Bonsai-Bäume und die vielen roten Bänder, die ich so noch in keinem anderen Tempel gesehen habe.Und weil ich die Nase immer noch nicht voll habe, und später noch mit Sven zum Essen will, fahre ich in der Dämmerung noch mit dem Taxi zum Bund, um dort endlich mal ein paar spektakuläre Bilder von der taghell illuminierten Pudong-Skyline zu schießen. Im Anschluß muss Sven mit mir unbedingt zum “Paulaner-Brauhaus” auch wenn das nicht unbedingt zu meinem China-Bild passen will. Aber das Essen ist OK, die Band gut und das Bier schmeckt schon wieder ….
22.11. – Achter Tag
Wenn man schon in Shanghai ist, muss man natürlich auch das Shanghai Museum besuchen. Nun ja … das ist nun eher was für Hardcore-Kulturtouristen, Porzellanliebhaber und Siegelfetischisten, ich persönlich war in knapp drei Stunden durch. Anschließend mal wieder Mittagessen mit Sven im Raffles – Beef mit handgemachten Nudeln in scharf-aromatischer Suppe – mit Stäbchen nicht ohne Tücken … aber sehr lecker. Anschließend durch die Fußgängerzone (Nanjing Lu) zum Bund. Heute finde ich endlich den besagten Touristentunnel, eine spaßige kleine Attraktion – hier kann man mit Kabinen für ca. 10 Personen auf die andere Seite des Flusses nach Pudong fahren. Damit einem in den vier Minuten nicht langweilig wird, spart der Tunnel nicht mit Lichteffekten. Aufgeblasene Gespensterpuppen, dir flatternd zwischen den Schienen stehen, runden das Unterhaltungsprogramm ab. Auf der andere Seite muss ich natürlich wieder eigene Wege gehen und lande in einem Areal, von dem ich nicht genau weiß, ob es denn wirklich noch öffentliches Terrain ist. Letztendlich führt es dazu, dass ich mich zum Ocean Aquarium, meinem eigentlichen Ziel, irgendwie an einer Stelle durch’s tiefe Gebüsch schlagen muss und eine Absperrung überklettere. Das Aquarium ist jedoch trotz elf Euro Eintritt eine echte Empfehlung. Auch hier finde ich einmal mehr Tiere, von denen ich vielleicht schon gehört hatte, aber die ich noch nie lebend gesehen habe: Gespensterkrabben, Seedrachen und seltene Schildkrötenarten, wirklich ansprechend präsentiert in großen Becken, Wassertunneln und mit einer Sonderausstellung zum Lebensraum Huangpu Fluß, der Lebensader Shanghais. Nach gut drei Stunden esse ich noch einen Chickenburger im hauseigenen Fast-Food-Restaurant, der zwar nicht wirklich der Reißer ist, sich aber mit einer Dose Tiger Beer recht entspannt herunterspülen lässt. Da ich abends eigentlich noch in die City will, fahre ich anschließend ins Compound zurück, mit einem kurzen Zwischenstopp im Carrefours, wo ich mich mal wieder mit ordentlich Sushi eindecke. Irgendwie bin ich allerdings später dann doch so K.O., dass ich nur meinen Thriller fertig lese und den Tag beschließe.23.11. – Neunter Tag
Heute schlafe ich mal bis 10:00 aus und packe mal meine DVD’s aus, die ich vor ein paar Tagen für die Kids gekauft habe. Irgendwie hab ich den selben Film drei mal erwischt – jedesmal mit einem anderen Cover – das schreit nach Umtausch, ist aber auch in China kein Problem.Ich will noch einmal nach Pudong – das “Science and Technology Museum” klingt doch zu interessant, als dass ich mir das entgehen lassen könnte. Ausserdem soll es im “New Age”, einer gigantischen Shopping-Mall, einen phantastischen Food-Court geben, und den möchte ich dann auch noch mitnehmen, wenn ich schon mal da bin. Der Taxifahrer hat keinen Plan – und ich auch nicht – also setzt er mich irgendwo in der Nähe ab, und das kann in Shanghai zu Fuß durchaus ein größeres Unterfangen werden. Es ist faszinierend, wie lange man in einem schlecht kartographierten Gebiet benötigt, um chinesische Straßennamen zu vergleichen, weil die englischen nicht stimmen. Und wie erkenne ich nun das “New Age”?
Auf der Suche entdecke ich ein größeres, stark frequentiertes Gebäude, in das ich auch ohne jegliche Probleme hineingelassen werde. Es scheint sich jedoch um einen Bürokomplex zu handeln, in dessen Tiefgeschoss sich allerdings ein großes chinesisches Restaurant befindet. Da die ausgelegte Karte netterweise mit englischen Übersetzungen versehen ist, entschließe ich mich spontan, meine Essenspläne zu ändern, und hier mein Glück zu versuchen. Die Annahme, dass eine englische Speisekarte auch englischsprachige Bedienungen impliziert, erweist sich jedoch als Trugschluss, das Essen ist schnell bestellt – Spicy Beef mit Gemüse), nur meine Bestellung eines Biers provoziert Rückfragen – auf chinesisch, versteht sich. Ich höre jedoch irgendwie heraus, dass sie mich fragt, ob ich eine Flasche möchte. Der Einfachheit halber bejahe ich das und bekomme gleich das volle Programm: 0,6 Liter. Na ja, das ist zu schaffen, auch wenn ich das um die Mittagszeit nun nicht unbedingt gleich in dem Umfang angehen wollte. Das Essen ist ausgesprochen lecker, und ich bin mal wieder der einzige Europäer und werde entsprechend neugierig gemustert – immer wieder interessant, dass ich in einer solchen Riesen-Metropole trotzdem noch so viel Aufmerksamkeit erhalte. Auch meine mühsam formulierte chinesische Aufforderung zum bezahlen wird verstanden oder zumindest richtig interpretiert, und nach der Zahlung von gerade mal drei Euro mache ich mich erneut auf die Suche nach dem “New Age”. Nach einem weiteren halben Kilometer Fußweg finde ich es dann auch, ein bonbonfarbener Riesenbau mit allem was das Herz begehrt, inklusive Kino und Spielhalle.
Plötzlich werde ich auf eine Straßenszene aufmerksam: Eine alte Frau – bestimmt an die neunzig – redet auf eine von den Traffic-Guides ein, und versucht sie offensichtlich zu überzeugen, sie auf die andere Straßenseite zu bringen. Es handelt sich hier wohlgemerkt um eine sechsspurige, stark befahrene Straße mit einem Grünstreifen und Trenngittern zwischen den Fahrbahnen! Alle Versuche, sie auf die Fußgängerbrücke zu lotsen, scheinen fehlzuschlagen und so gibt die Traffic-Guide schließlich auf, und geleitet sie auf die andere Seite der stadteinwärts führenden Spur, wo sie auf der linken Spur der Fahrbahn am Grünstreifen entlang in Richtung City weitermarschiert. Mir fehlen die Worte!
Ich nehme mir ein Taxi und lasse mich ans Science-Museum bringen. Allein schon das Gebäude ist sehenswert – aus der Vogelperspektive eine riesige Mondsichel, in deren Mitte eine gigantische Kugel eingebettet ist. Und der Inhalt ist nicht minder spektakulär. Das ganze Museum ist ein einziger Spielplatz für große und kleine Kinder. Ich besuche einen Erdbebensimulator, fliege Kampfeinsätze in einem Flugsimulator gegen zwei andere Besucher, übe mich im Bogenschießen gegen einen Industrieroboter(!) und lenke in der Physikausstellung einen Lichtpunkt auf einem Monitor nur mit Hilfe meiner Gehirnwellen in ein Tor. Darüber hinaus gibt es einen phantastisch imitierten Regenwald, der einen hin und wieder an eine defekte Holodeck-Simulation der Fernsehserie Star Trek erinnert, wenn zwischen den Palmen und den Felsformationen mal ein Stück der Glas/Alu Außenwand durchschimmert. Aktuell läuft gerade eine Ausstellung über Spinnen. Hier kann man an einem vergrößerten Spinnennetz die Signale von Fliegen, Bienen und Mücken zunächst lernen, und seinen Tastsinn dann an einem Quiz überprüfen. Welcher Faden hat gezuckt und welches Insekt hängt im Netz? Über mir höre ich merkwürdige Geräusche – unter dem Dach hängt eine mannsgroße Spinne, elektronisch animiert und schon ein bisschen gruselig. Cool. Leider schließt das Museum schon um 17:00 und es gibt so viel zu sehen, dass ich nicht alle Etagen schaffe. Schade – ich nehme mir vor, noch ein zweites Mal zu kommen, aber leider wird es bei dem Vorsatz bleiben.Ich hole Sven im Büro ab, wir wollen Teppanyaki essen gehen, aber leider wird das ohne Reservierung nix, und so landen wir im South Face, einem ausgesprochen schicken Designer-Restaurant mit Szechuan-Küche. Wir essen Beef mit Gemüse in heißem Öl mit großen Kieselsteinen gegart, scharfes Rindfleisch in roter Soße, King Prawns mit Lauch und Erdnüssen (serviert mit lebendem Goldfisch im Wasserglas) und blanchierten Broccoli. Stellenweise wuseln bis zu vier Kellner um den Tisch und der Service ist so perfekt, dass er schon fast aufdringlich ist. Kaum ist ein Teller nur zur Hälfte leergegessen, schon kommt einer angeschossen und dekoriert den Tisch um. Ich bringe etwas Unruhe rein, als ich versuche, den Goldfisch mit meinen Stäbchen zu angeln, lasse mich aber erweichen und verzichte auf das Amuse-Gueule … Prädikat: Spitzenklasse. Leider kann ich zu den Preisen nichts sagen, da Sven drauf besteht, mich einzuladen.